An einem regnerischem Tag in München …

fand zur Vorbereitung meines Praktikums in Chicago, Illinois, ein erstes Treffen mit
IPA-Freund, Richard Hammer, aus Chicago von der Rolling Meadows Police statt.

Die Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen bietet seinen Studenten zum
Abschluss des Studiums an, ein Auslandspraktikum zu absolvieren. Meine Wahl ist
auf Chicago gefallen, das ich schon von einem Urlaubsaufenthalt kenne und in
dessen Nähe Freunde aus meiner Schulzeit wohnen. Nicht zuletzt reizte mich die
Möglichkeit, amerikanische Polizeiarbeit in einer Stadt kennen zu lernen, die die
Kriminalstatistik der USA in den Bereichen Mord und Drogendelikten derzeit anführt.

Mit Unterstützung der IPA-Verbindungsstellen Chicago und Osterholz stand
innerhalb von nur zwei Wochen ein abwechslungsreiches und aus polizeilicher Sicht
hochinteressantes Programm. Dies wird mich einerseits durch sämtliche Abteilungen
der Rolling Meadows Police führen, ein Vorort von Chicago mit eher „ländlichem“
Einschlag und entsprechenden polizeilichen Aufgaben. Andererseits werde ich die
unterschiedlichsten Abteilungen der Chicago Police, inklusive der Polizeiakademie,
kennen lernen.

Durch Zufall waren einer der Mitorganisatoren, Richard Hammer, und ich gleichzeitig
in Süddeutschland, so dass wir kurzentschlossen ein Treffen vereinbarten. Im
Gegensatz zu mir war Richard schon diverse Male in München und kannte sich
perfekt aus. Dies führte zu der doch recht kuriosen Situation, dass ein
amerikanischer Polizist uns Deutschen München zeigte und in eines der besten
Restaurants führte.

Es war gut sich, auch unter etwas ungewöhnlichen Umständen, vorher schon einmal
kennen zu lernen. Ich bin mir sicher, dass die IPA-Freunde mir ein unvergessliches
Praktikum in Chicago bereiten werden.

Allen Beteiligten an dieser Stellen schon mal vielen Dank!

Britta Voller

Fortsetzung:
Sonnige Ankunft am Chicago-O’Hare International Airport
Ganz im Gegensatz zu meinem ersten Treffen mit IPA-Freund, Richard Hammer,
in München, wurde ich nach einem 9-stündigen Flug mit strahlendem Sonnenschein
am Flughafen in Chicago empfangen. Es war mit fast 35°C der heißeste Tag im Jahr.
Sehr erstaunt war ich, als Richard mit einem der diensthabenden Police Officer
bereits am Flugzeugausstieg auf mich wartete. Welch toller Empfang!
Die Mitreisenden müssen mich für eine sehr wichtige (oder gefährliche) Person
gehalten haben, denn beide standen in schicker Ausgehuniform für mich Spalier. Sie
wollten sicherstellen, dass ich schnell und problemlos durch die amerikanischen
Einreisekontrollen komme. Im Flugzeug hatte ich schon von einigen anderen
Passagieren erfahren, dass es teilweise bis zu zwei Stunden dauern könne, bis man
diese Hürde hinter sich gebracht hat. Mit meiner freundlichen Begleitung konnte ich
außerhalb der langen Warteschlangen passieren und brauchte die längste Zeit nur
auf meine Koffer zu warten.
Nachdem ich meinen Dienstplan für die erste Woche, inklusive Handskizze und
Wegbeschreibung zur Dienststelle in Rolling Meadows, von Richard bekommen
hatte, ging es erst einmal zum Haus meiner deutschen Freunde. Sie sind vor fünf
Jahren aus Bremen ausgewandert und leben in Streamwood, einem Vorort von
Chicago, der lediglich 20 Autominuten von meinem Praktikumsplatz entfernt liegt.
Hier konnte ich mein Quartier beziehen. Ich schaffte es noch, mich bis 21.30 Uhr
wach zu halten (in Deutschland war es durch die Zeitverschiebung bereits halb fünf
morgens), bis ich mit dem Gefühl Nachtdienst gemacht zu haben, ins Bett fiel.

An nächsten Tag stand das Kennenlernen des Rolling Meadows Police Departments
(RMPD) auf dem Plan. Dabei informierte mich Richard umfassend über das Revier
und den Polizeiberuf in den USA als solches, so dass ich anschließend bestens auf
mein Praktikum vorbereitet war. Die wichtigsten Dinge möchte ich hier kurz
darstellen.
Der Revierbereich besteht zu je 40% aus Wohngebiet und Industrie und zu 20% aus
den für Amerika typischen Einkaufszentren („Shopping Malls“), die 24 Stunden
sieben Tage die Woche geöffnet haben. Der Einzugsbereich für Einsätze beträgt 52
„Quadrat-Meilen“ (ca. 83 km2




Als Problembereich stellt sich ein mexikanisches Viertel dar, von dem bis vor ein
paar Jahren 9 von 10 Notrufen ausgingen und das ein Minimum von drei
Streifenwagen pro Einsatz erforderte.
Die folgende Statistik soll einen kleinen Überblick über die Kriminalitätsbelastung in
Rolling Meadows geben. Sie ist am 17. Juli 2004 in der „Daily Herold“-Zeitung
erschienen.




  Bevöl-kerung Ge-samtKrim. Krim.Rate GewaltKrim. Eigen-tums-delikte Tö-tungs-delikte Sexual-delikte Raub (Schwere)Körper-verletzung Ein-bruch Dieb-stahl Kfz-Auf-bruch Brand-delikte
2003 24,582 582 23.68 1.26 22.41 1 8 7 15 83 439 22 7
2002 24,603 842 34.22 1.50 32.72 0 4 13 20 101 661 35 8
%-change -0.09 -30.88 -30.82 -16.14 -31.49 -.- 100.00 -46.15 -25.00 -17.82 -33.59 -37.14 -12.50



Hinweis: Kriminalitätsraten beziehen sich auf 1000 Einwohner

Die Rolling Meadows Police hat 103 Angestellte, wovon 62 uniformierte Police
Officer sind. Die Dienstschichten laufen von 07.00-15.00, 15.00-23.00 und
23.00-07.00 Uhr, wobei die Police Officer 6 Tage Dienst und 3 Tage frei haben.
In den USA kann das Gehalt eines Police Officer von Department zu Department
stark schwanken. Die Bezahlung in Rolling Meadows liegt im amerikanischen
Vergleich unter den ersten Zehn und stellt damit eher die Ausnahme als die Regel
dar. Ein Police Officer beginnt in Rolling Meadows mit 45.000 US$
Jahreseinkommen, das innerhalb der ersten sechs Monate bereits auf 68.000 US$
ansteigen kann. Da Überstunden mit 50%igem Aufschlag bezahlt werden und diese
die Regel im Dienst sind, liegt das Einkommen überwiegend bei ca. 100.000 US$.

Die Regeldienstzeit bis zur Pension beträgt 20 Jahren und ist damit nur halb so lang
wie in Deutschland. Es besteht jedoch die Möglichkeit bis zum Erreichen von
maximal 35 Dienstjahren weiter zu arbeiten. Die Pensionsansprüche verteilen sich
dabei wie folgt:
Nach 20 Dienstjahren: 50% des Gehaltes
Nach 25 Dienstjahren: 62% des Gehaltes
Nach 30 Dienstjahren: 75% des Gehaltes
Nach 35 Dienstjahren: 84% des Gehaltes

Um Police Officer zu werden, kann man sich bei einem beliebigen Polizeirevier
bewerben. Dies führt eigenständig Einstellungstests durch, die denen in Deutschland
gleichen. Interessanterweise müssen jedoch zukünftige Polizeibeamte einen
„Lügendetektor-Test“ durchlaufen, in dem sie u.a. nach möglichen Verfehlungen in
ihrem Lebenslauf befragt werden. Dabei stellen leichte Straftaten oder
„Jugendsünden“ jedoch kein Einstellungshindernis dar.
Die Ausbildung der Police Officer erfolgt in einer sog. Police Academy für die Dauer
von 4 Monaten. Anschließend kehrt der Officer an das Polizeirevier zurück, das ihn
zuvor eingestellt hat. Dort wird er durch einen „Training Officer“ für 4 Monate
eingewiesen, bevor er alleine seine Streifentätigkeit aufnimmt. Da die Fluktuation
innerhalb der amerikanischen Polizei sehr hoch ist (Police Officer befinden sich in
einem problemlos kündbaren Angestelltenverhältnis), wird versucht, dies durch die
für deutsche Verhältnisse kurze Ausbildungszeit auszugleichen.
Mit sehr vielen neuen Eindrücken und unwahrscheinlich freundlichen Begegnungen
mit den Police Officers in Rolling Meadows ging so mein erster Tag in einem
amerikanischen Police Department zu Ende. Ich bin sehr gespannt, was mich noch
alles erwarten wird.

Viele Grüße
Britta Voller



Fortsetzung

Die erste Woche im Rolling Meadows Police Department
Mein Praktikum begann mit einer Bootstour auf dem Lake Michigan. Wenn das kein
guter Anfang war!
Richard holte mich vom Haus meiner Freunde ab und machte mit mir erst einmal
eine kleine Stadtrundfahrt durch Chicago. Wir machten Halt an der Police Academy,
an der Fire Academy, in der zurzeit 200 „Firefighter“ ausgebildet werden, am frisch
sanierten Soldier Field, dem (Football-)Stadion der Chicago Bears, am Field Museum
und der Buckingham Fountain.
Am Interessantesten für mich war unsere kleine Einkaufstour bei „Kale Uniform“. Dort
können Police Officer ihre Ausrüstungsgegenstände kaufen. Ähnlich wie es bei uns
mit dem „Kleiderkonto“ geregelt ist, bekommen die Police Officer hier ihre
Erstausstattung vom Police Department gestellt und dann jährlich einen Betrag von
500 US$, um sich neue Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen.
Darüber hinaus wird die erste Schutzweste komplett vom Department bezahlt.
Im Gegensatz zu unserer, bei der Polizei angegliederten, Kleiderkammer wird der
Polizeibedarf hier von „privat“ geführten Bekleidungsgeschäften angeboten, was sich
sichtlich auf das Angebot auswirkt. So war ich wirklich beeindruckt, was alles auf
dem Polizeisektor angeboten wird. Es gibt ganze Abteilungen nur für Schuhe, für
Gürtel/Handschuhe, für T-Shirts, Mützen u.s.w.. Unsere Kleiderkammer hatte
meistens nur die Auswahl zwischen zwei oder drei Modellen, so dass ich mir fast wie
im „Polizei-Paradies“ vorkam.
Mittags starteten wir zu unserer 2-stündigen Bootsfahrt mit der „Marine Unit“.
Chicago hat den zweitgrößten (Yacht-)Hafen in den USA.
Die „Marine Unit“ verfügt über sieben Boote, die jeweils mit 3 Police Officer besetzt
werden. Leider konnten wir ihren eigentlichen Standort nicht besichtigen, da die
Gebäude gerade renoviert werden. Die Beamten sind deshalb behelfsweise in
Containern untergebracht. Ihr Hauptaufgabebereich liegt in der Kontrolle des durch
Yachten stark frequentierten Bereichs rund um den Navy Pier. Das ist ein
Vergnügungsviertel mit Karussells, Bars, Restaurant, etc., das fast einen Kilometer in
den See hinein ragt. Häufig wird betrunken gefahren, es kommt zu gefährlichen
Manövern oder es wird zu nah an die Promenade herangefahren, wo das Wasser
nicht mehr sehr tief ist.
Richard hatte mich schon vor dem doch recht starken Seegang gewarnt, doch
obwohl es sehr windig war (Chicago trägt den Beinamen „Windy City“) schien das
Wasser zunächst sehr ruhig. Das änderte sich schlagartig, als wir keine 30 Meter von
der Küste weg waren. Die Wellen wurden so stark, dass wir uns gut festhalten
mussten, um nicht über Bord zu gehen. Ich war froh, dass ich eine Schwimmweste
trug – und noch kein Mittag gegessen hatte…
Kaum waren wir draußen, mussten wir auch schon den Besitzer einer sehr
eindrucksvollen weißen Yacht verscheuchen, der zum Sonnen hinter den
Markierungen und damit zu nah am Pier geankert hatte. Ebenso erging es einem
Bootskapitän, der zu nah ans „Meigs Field“, einem militärischen Bereich, gefahren
ist. Nach einer allgemeinen Kontrolle seiner Papieren und des vorgeschriebenen
Equipments wie Schwimmwesten und Feuerlöscher, wurde er mit einem 100-US$
Ticket entlassen.
Unvergesslich wird mir in Erinnerung bleiben, dass ich das Schiff auch selber steuern
durfte. Das hat unheimlich viel Spaß gemacht. Zum krönenden Abschluss bekam ich
vom Lieutenant ein entsprechendes Kapitäns- T-Shirt. Ich war sehr angetan, wie nett
und freundlich die Kollegen mir alles gezeigt haben.
Am Wochenende fand das Fußballspiel Manchester United gegen Bayern München
im „Soldier Field“ statt. Im Allgemeinen bin ich nicht sehr an Fußball interessiert, aber
ein Spiel im neuen Football-Stadion wollte ich doch gerne einmal gesehen haben.
Auch hier hatte ich viel Glück, denn ich bekam kurzfristig eine Freikarte geschenkt.
Leider kann ich nicht sagen, wie groß das Stadion ist, aber es war ein Erlebnis! Vor
allem weil ich in der 4. Reihe hinter dem bayrischen Tor gesessen habe und die
Spieler hautnah erleben konnte. Manch Bayernfan hätte wahrscheinlich sein letztes
Hemd für eine solche Karte gegeben. Leider war das Spiel nicht sehr spannend und
endete mit 0:0 – ein willkommener Grund für die amerikanischen Kollegen zu sagen,
dass deutscher „Soccer“ sowieso ein langweiliges Spiel und nicht mit American
Football zu vergleichen ist.
Am Montag begann dann meine erste „richtige“ Praktikumswoche. Hier begleitete ich
ausschließlich den uniformierten Einsatzdienst.
Viele Grüße
Britta Voller

Es folgen einige Bilder und hier geht es zu einem kleinen Fazit

























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